Wolfgang Neugebauer JÖRG HAIDER: NEONAZI, RECHTSEXTREMER ODER POPULIST? (Veröffentlicht in: Falter, Nr. 41/1999) In der nun geführten, die Regierungswürdigkeit der FPÖ
betreffenden Diskussion um die politische Grundhaltung Jörg Haiders
zeigt sich ein breites Spektrum von Einschätzungen, die vom gefährlichen
Neonazi über demagogischen Rechtspopulisten bis zum normalen demokratischen
Politiker reichen. Meines Erachtens ist Haider auch Populist, der
seine politische Linie geschickt und rasch nach Stimmungen in der Bevölkerung
und in der öffentlichen Meinung ausrichtet und jederzeit bereit ist,
Positionen zugunsten der Wählermaximierung zu opfern. Die Kategorie
"Populist" ist jedoch nicht ausreichend zur Qualifizierung Haiders, da
die Frage nach der Richtung und den Zielen von Haiders Machtstreben unbeantwortet
bleibt. - Eliminierung der Liberalen, Integration von Aktivisten rechtsextremer und neonazistischer Gruppierungen (damit verbunden totaler Bedeutungsverlust konkurrierender rechtsextremer Parteien wie NDP); - Umstruktierung der FPÖ zu einer autoritären Führerpartei, in der Vasallen ohne eigenständiges politisches Profil agieren. An Abweichlern und potentiellen Konkurrenten werden politische Hinrichtungen und menschenverachtende Demütigungsrituale vollzogen; - insbesondere seit 1991 erfolgreiche Instrumentalisierung von Ausländerhetze zur Wählermobilisierung und Druckausübung auf Regierungparteien zu restriktiver Ausländerpolitik; - auf politische Vernichtung abzielende Kritik an Regierung, am Parteienstaat, an der repräsentativen Demokratie mit dem Ziel eines Systemumsturzes; das Gegenmodell, eine autoritäre Dritte Republik, bleibt im Dunkeln. Diese strukturellen Änderungen sowie eine Fülle von Aussagen
- nicht nur die bekannten pronazistischen (ordentliche Beschäftigungspolitik
im "Dritten Reich", KZ als Straflager, Lob der Waffen-SS in Krumpendorf)
- ließen uns zu dem Ergebnis kommen, daß die Politik Haiders
(und damit die von ihm völlig dominierte FPÖ) als rechtsextrem
zu qualifizieren ist. Sie erfüllt alle wesentlichen Definitionskriterien
des Rechtsextremismus: Volksgemeinschaftsideologie, Ethnozentrismus und
Xenophobie (bis zum Rassismus gesteigert), autoritäre Staatsvorstellungen,
starker Mann und Führerkult, Ablehnung von Frauenemanzipation, "nationales"
Geschichtsbild und Aggressivität im politischen Stil. Die Inhalte
dieses modernisierten Rechtsextremismus, der sich äußerlich
und verbal von Nationalsozialismus und Neonazismus abhebt, werden durch
eine perfekte, modern gestylte Inszenierung in Medien und Öffentlichkeit
vernebelt. |