Rede von Doron Rabinovici anläßlich der Demonstration " Keine Koalition mit dem Rassismus"


Am 1. Oktober 1999 fand auf diesem Platz die Abschlußkundgebung der Freiheitlichen statt. Es war eine rassistische Kundgebung. Hier auf diesem Platz hetzte Haider. Wir stehen heute hier, um an Ort und Stelle dieser Menschenhatz endlich entgegenzutreten.
Aber eines muß klar sein; wenn es das nächste Mal wieder zu solch einem rassistischen Wahlkampf kommen sollte, dann gehen wir nicht erst im Nachhinein auf die Straße . Wenn wieder Menschen rasstisch verhöhnt und beschimpft werden, dann treten wir mitten im Wahlkampf dagegen auf und stehen hier. Das versprechen wir.
Vor einem Monat war Wien voll der gelben Haßplakate. Sie warnten vor der sogenannten Überfremdung. Viele Menschen sind den Freiheitlichen überfremd. Etwa weil sie zwar Österreicher sind, aber erst seit kurzem. Oder weil sie Muslime sind. Oder weil sie Hojac heißen und nicht Westenthaler. Nennen wir solch eine Gesinnung nicht Fremdenangst. Sprechen wir es aus. Es geht um Rassismus: Dagegen stehen wir heute hier.
Manche sagen uns, wir sollten uns bloß gegen Rassismus wenden, ohne Haider zu erwähnen. Aber das geht nicht. Wenn wir in Österreich gegen Rassismus demonstrieren wollen, müssen wir immer auch gegen Haider demonstrieren. Wir können ihn nicht verschweigen.
Die FPÖ machte aus Rassismus eine populistische Bewegung. Aber ihr Erfolg ist auch das Ergebnis einer Regierungspolitik, die mit dem Ressentiment kokettiert anstatt ihm entgegenzutreten. Der Erfolg der Freiheitlichen ist auch das Ergebnis einer Politik, die Menschen dunkler Hautfarbe hierzulande zu Freiwild macht. Drei Tage vor der Wahl blies der Innenminister Karl Schlögl zur Drogenrazzia speziell gegen Afrikaner. Der Photograph der Kronenzeitung war bei der Geheimaktion bereits mit von der Partie. Wer Menschen, die in diesem Land leben und arbeiten, durch Gesetz und Exekutive ausgrenzt, gibt sie der freiheitlichen Hatz preis.
Deshalb fordern wir: Keine Koalition mit dem Rassismus. Kein Pakt mit der FPÖ. Die Mindeststandards zivilisierten Umgangs gelten den Freiheitlichen nichts. Jörg Haider sagt über die anderen Parteien, die "roten und schwarzen Filzläuse müssen mit Blausäure bekämpft werden." Blausäure ist Zyklon B, jenes Gift, mit dem in Auschwitz Millionen vergast wurden. Die extremistischen Ergüsse der Freiheitlichen gehören nicht auf das Parkett der Republik. Sie gehören ins Pissoir der Geschichte.
Aber wir erheben unsere Stimmen auch gegen die andere Koalition mit dem Rassismus. Um es klar zu sagen: Wer von Schlögl schweigt, der soll auch von Haider nicht sprechen. Wir stehen hier gegen jede Regierung, die sich dem Ressentiment und den Vorurteilen unterwirft.
Achten wir auf unsere Sprache: Es gibt kein Ausländerproblem, denn der Ausländer ist nicht das Problem, sondern es gibt Probleme des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es geht um soziale Fragen, und deshalb muß die Antwort auf diese Fragen lauten Politik und Integration.
In Gewerkschaften anderer Länder können ausländische Arbeiter in Betriebsratswahlen gewählt werden. Nicht so in Österreich. Das müssen wir ändern. Eingewanderte Arbeiter sollen hierzulande auch für sich selbst sprechen können. Wir fordern das passive Wahlrecht für alle Arbeitenden in den Betrieben.
Und es braucht auch endlich ein Gesetz gegen Diskriminierung in diesem Land. Soviel muß uns klar sein - dies ist nicht bloß eine Frage, die Roma, Afrikaner, Juden oder Muslime betrifft. Solange auch nur ein Mensch in Österreich aufgrund seiner Herkunft der Hetze ausgesetzt ist, kann niemand, kein Mensch, hier seiner Zukunft sicher sein.
Heute geht es nicht um ein Lichtermeer, so wichtig es damals auch war. Dies ist der Auftakt zu einer politischen Bewegung gegen die Angstmache, die erste vieler Manifestationen der Zivilcourage. Wir wollen nicht stillhalten, wenn irgendwer in Österreich aufgrund seiner Herkunft verhöhnt, beschimpft, bespuckt, angerempelt oder verprügelt wird. Es gibt eine Hoffnung in diesem Land: Es ist dies unsere Hoffnung auf eine demokratische Offensive und eine offensiv solidarische Demokratie, und für diese Hoffnung stehen wir heute hier.